Freitag, 31. August 2007

Die Reise nach Westen

30.8. Wir haben den Tag begonnen mit der aufwendigen Suche nach Informationen, ob und wie es moeglich ist, nach Tibet einzureisen. Die offizielle Agentur war dabei wenig hilfreich und schliesslich gingen wir, frustriert von dem Desinteresse, den langen Wegen und dem permanent kalten Regen in ein Restaurant und bestellten eine riesige Schale Fischsuppe, um unser inneres Sushi wieder ins Gleichgewicht bringen.

Wie ueblich findet man Hilfe dort, wo man sie am wenigsten erwartet, und so endete unsere Ticket-Odysee in unserem Hostal, wo uns "Peter" das Permit und die Zugtickets fuer Lhasa (zwei Tage Hotel, Fahrt mit der hoechst gelegenen Eisenbahn) organisierte (wir erhalten die Unterlagen hoffentlich heute Abend). Ausserdem lernten wir auf der Strasse Zhang kennen, einen chinesischen Zahnmedizinstudenten, den wir dann am Abend im KFC trafen. Er berichtete von den Schwierigkeiten fuer Chinesen, eine Zugfahrkarte nach Tibet zu erhalten, und etwas von seinem Leben in der Inneren Mongolei, wo er eigentlich herkommt.

Heute ist der 31.8. Nach unserem Zimmerumzug sind wir mit einem Berliner zusammen, mit dem wir heute Morgen lange beim Fruehstueck sassen. Anschliessend fuhren wir zur Grossen Wildganspagode. Sie beherbergt einige vom Moench Xuanzang aus Indien mitgebrachten buddhistischen Sutren (so dass sich anschliessend der Buddhismus in China verbreitete); ein Roman aus der spaeteren Ming-Dynastie mit dem Titel 'Die Reise nach Westen' schildert die Begebenheiten. Wieder ist ein ganzer Verkaufspark um die eigentliche Sehenswuerdigkeit gebaut und die Pagode ist heute offenbar nur noch ein besserer Aussichtsturm. Der sie umgebende Park bietet jedoch einige imposante Stelen, einen goldenen Buddha und einen kleinen Glockenturm.

Zum Warten auf die Weiterreise ist Xi'an zur Zeit eher ungemuetlich, da es regnet und kalt ist und sich in puncto Tibet bisher nicht wirklich etwas bewegt hat. Aber es ist moeglich, in die okkupierte Provinz zu kommen, was uns andere Reisende bestaetigten (ich erfahre gerade, dass die Zugtickets da sind). Bleibt uns, die kulinarischen Moeglichkeiten Xi'ans auszuprobieren...

Mittwoch, 29. August 2007

Von Pingyao nach Xi'an

27.8.: Nun, wir sind am Morgen aus dem Zug gefallen und konnten erst nach einer staerkenden Instant-Suppe in unserem Hostal in Pingyao mit dem Fahrrad zum Shualin Si fahren, einem Buddha-Tempel, dessen Besonderheit ist, dass er ueber tausend Buddhastatuen in verschiedenen Hallen enthaelt. Das Gelaende ist sehr weitlaeufig, einige Moenche waren zugegen und einige zeremonielle Gegendstaende (Gebetsbuecher) liessen sich aus der Naehe betrachten. Der Tempel ist ein ruhiger Ort, wie uebrigens Pingyao im Ganzen, da sein Zentrum (Weltkulturerbe) verkehrsberuhigt ist. Nach dem Tempelbesuch fuhren wir mit unseren Fahrraedern ausgedehnten Maisfeldern entlang und zu einer Stelle, an der der Loessboden abgebaut wird. Wir assen anschliessend in Pingyao, wo wir bei der Zubereitung des Essens zusehen konnten und mit einem jungen Chinesen ins Gespraech kamen, der der KP angehoert.

Am 28.8. besichtigten wir den Stadtturm von Pingyao. Die meisten chinesischen Staedte sind nach demselben Prinzip (des Feng Shui) angelegt: Zwei grosse Strassen (Nord-Sued-Achse und West-Ost-Achse) kreuzen sich dort, wo man einen Glocken- bzw. Trommelturm errichtete. Wir assen gemuetlich in einem Restaurant waehrend es draussen regnete und hoerten dem Spiel einer Chinesin auf einem Saiteninstrument zu. Anlaesslich des ueblichen Fahrkartenprozedere kauften wir in einem groesseren Supermarkt ein, der u. a. eingeschweisste Huehnerfuesse, Geleedrinks mit schwebenden Fruchtstueckchen, Gewuerze, CDs anbot. Abends schliesslich fuhren wir in einem Pulk von Travellern (Individualtourismus!) nach Xi'an, der Provinzhauptstadt von Shaanxi.

Die Fahrt mit dem Nachtzug dauerte 12 Stunden. Heute, am Mittwoch, Ankunft in Xi'an, wo wir in der bisher schoensten Jugenherberge unterkamen. Fruestueck in einem schoenen Innenhof mit harmonischer Klaviermusik. Gegen Mittag fuhren wir zur Terracotta Armee, die das Grab des Kaisers Qin Shihuangdis beschuetzt; sie wurde ca. 246 v. Chr. hergestellt. Die Terracotta Armee ist beeindruckend, die darueber hinaus kommerzialisierte Umgebung eher traurig. Leider haben wir heute wieder keine Moeglichkeit, Fotos hochzuladen. Nur ein Teil der Soldaten steht in der grossen Halle, aber diese 1,80 Meter grossen Figuren sind schon eindrucksvoll. Der Rest der grossen Halle sowie die zwei beiden kleineren bieten Bruchstuecke der Krieger und Reiter. Die Komposition einiger Tonbruchstuecke mit Pferdekoepfen koennte einem Picasso-Bild entnommen sein. Recht erschoepft (hier weiter suedlicher ist es wieder waermer) fuhren wir zurueck nach Xi'an, verfolgten einen kulinarischen Tipp unseres Reisefuehrers: Im Laosunjia brockt man ungesaeuertes Brot in eine Schale und bekommt dann darauf seine Hammelsuppe.

Kurze Preisliste (Umrechnung 1 EUR = 10 RMB):
Innerstaedtische Busfahrt: 1 RMB
Internet: 2 RMB pro Stunde
Essen in kleinen Strassenkneipen fuer zwei Personen: 20 RMB
Unterkunft: 90-120 RMB
Nachtzug: 75-120 RMB

Fazit zur Halbzeit:
Ich bin sehr muede und nicke bei jeder Sitzgelegenheit ein. Auf der anderen Seite gibt es diese unglaublichen Wachmomente, wenn es wieder auf Tour geht. Dazwischen habe ich das Gefuehl etwas zu verpassen, weil ich kein Chinesisch verstehe/spreche. Dadurch ist die Organisation der Weiterreise immer ein Kraftakt und in den letzten beiden Stationen haben wir deswegen die Provision einer englisch sprachigen Agentur in Kauf genommen. Ausserdem kann ich nur von aussen beobachten, wie die Menschen hier leben, nicht jedoch wissen, wie sie sich dabei fuehlen. Voellig im Dunkeln tappe ich noch z. B. bei der Entschluesselung der Bedeutung von Fotografien in China. Jeder hat eine supermoderne, teure Digitalkamera, aber die Fotos, die damit gemacht werden, sind fuer mein Empfinden voellig ueberfluessig. Da ist z. B. die Terracotta-Armee, die eine riesige Halle fuellt und dann steht ein bekanntes Gesicht im Vordergrund, so dass gleichzeitig die Halle mit dem eigentlich Hoehepunkt voellig unscharf wird, bzw. am Ende auf dem Foto nicht mehr zu sehen ist... (tje)

China ist groesser dimensioniert, als man sich zunaechst vorstellt: die weiten Strecken, die man auf einer Reise zu bewaeltigen hat, erzwingen eine andere Planung. Zwar reisen wir ruhig und bequem, aber bis zu unserem Ziel Lhasa ist es noch weit und wir koennten in Zeitnot geraten. China ist uns gegenueber ein offenes Land (mit Ausnahme Tibet, glaubt man den Schilderungen ueber die dortigen Restriktionen); die ueblichen Unnahbarkeiten gegenueber Touristen und die offizellen (ideologischen) Repraesentationen (etwa die perfekte Organisation) gehoeren der Oberflaechlichkeit an, die jene Offenheit auch mit sich bringt. Im Grunde genommen gibt es keinen Zwiespalt zwischen Tradition und Moderne, da beides synthetisiert wird, was wir aber leider meist nur in Form von Kuriositaeten wahrnehmen (Hochhaeuser mit traditionellem Hutongdach). Mich belehrt diese Reise abermals nicht ueber das Land, das ich besuche, und an das ich wohl mehr Vorstellungen und Wuensche herantrage, sondern ueber mich selbst. Ich kann mich nicht fragen, warum mir diese Kultur so fremd ist, sondern ich sollte mich fragen, warum mir meine Kultur so vertraut ist. Es belehrt mich (vielleicht) darueber, das Essen mit Messer und Gabel anstatt mit Essstaebchen kurios zu finden. (my)

Sonntag, 26. August 2007

25.8. Wir verpassten den Nachtzug nach Datong in Peking, weil uns niemand die chinesischen Schriftzeichen fuer West- (nicht wie sonst Haupt-) bahnhof entschluesselt hat. Aber wir fanden ein suesses Hostal mit gemuetlichem Innenhof und heissem Wasser, um den Tee aufzubruehen - ich habe mir, weil hier jeder damit rumlaeuft eine Trinkflasche und losen Tee gekauft...
Sind dann am Morgen mit dem naechsten Zug bequem im hard-sleeper in Datong angekommen. Kein billiges Hotel gefunden, aber wir konnten in einem Nobelhotel den Preis runterhandeln.


26.8. Die Drachenmauer fanden wir noch vor dem Fruehstueck direkt neben unserem Hotel. Es ist eine Schutzwand eines nicht mehr existiernden Palastes: bunte, um sonnen tanzende, aus glasierten Ziegeln gearbeitete drachen, an denen die boesen Geister nicht vorbeikommen.
Es folgte eine verzweifelte Suche nach einer Fahrkarte nach Xi'an und einer Fahrmoeglichkeit zum Xuankong Si, dem haengenden Kloster. Es haengt wie ein Schwalbennest an einer Steilklippe und sieht aus wie Mauerpilzchen. Leider koennen wir hier im Internetcafe keine Fotos posten. Das Kloster wurde wegen des immer hoeher werdenden Wasserpegels des Talflusses immer hoeher gebaut: Heute schuetzt es ein riesiger Staudamm. Im Kloster finden sich zahlreiche Statuen, die noch heute zum Beten genutzt werden. Als einziges Kloster beherbergt dieser "im leeren Raum haengende Tempel'' Heiligtuemer aus allen drei Hauptreligionen, des Buddhismus, Konfuzianismus und Daoismus. Unser erster Regentag in China: Die hohen Berge der Heng Shan Gebigskette sind in niedrigen Wolken eingehuellt.


Die Suche nach den Transportmoeglichkeiten war sehr stressig, da uns schliesslich auch der Taxifahrer uebers Ohr hauen wollte. Wir haben dann doch noch ein Ticket fuer die Weiterfahrt nach Pingyao bekommen, von wo wir weiter nach Xi'an (Terrakottaarmee) wollen. Durch diese sich ploetzlich ergebende Moeglichkeit haben wir das Hotel ueberstuerzt verlassen (durchs Restaurant, in dem weisse Pauschaltouristen sassen und uns schon ein wenig fertig aussehenden travellern erstaunt nachsahen).

Freitag, 24. August 2007

Von der Verbotenen Stadt zum Drachenkopf

Am 21.8., unser erster ganzer Tag in Peking, haben wir ein wenig die Stadt und den weitlaeufigen und mit einem Museum, mit Maos Mausoleum und einer Halle des Volkes bebauten Tian'anmen-Platz besichtigt. Das naechstligende Ziel war die Verbotene Stadt, die am Eingang das uebergrosse Bild Maos praesentiert. Der verwinkelte Komplex der Verbotenen Stadt, dessen Tore, Hallen und Palaeste in regelmaessigen Abstaenden nach den daoistischen Harmonievorstellungen ausgerichtet sind, besuchen vorrangig chinesische Touristen. In den Hallen werden Palastgegenstaende der zwei Kaiserdynastien ausgestellt. Vergleicht man die ideologischen Bauten des Kommunismus mit denen der Ming-Dynastie (in deren Zeit der Komplex vor allem ausgebaut wurde), so nehmen sie sich gegenseitig nichts an Prunk. Die kommunistischen Bauten verlaengerten das Areal um ein Betraechtlichs und man kann sich fragen, wie gross es wuerde, kaeme eine neue Ideologie an die Macht.
Anschliessend konnten wir die Ausmasse der Verbotenen Stadt und Pekings insgesamt von einem auf einem angrenzenden Berg gelegenen Park mit fuenf symmetrisch angelegten Buddha-Pavillions ausmachen. Die letzten Gebaeude verschwanden im Dunst der Stadt, ueber der Papierdrachen schwebten.

Endlich habe ich Durian gegessen. Diese Frucht ist in Hotels verboten, weil sie einen sehr ueblen Geruch verbreitet. Sie schmeckt nach vergorener Mango, faulen Eiern, Banane etc.

22.8.: Busfahrt vom Dongzhimen-Busbahnhof nach Huairou und weiter mit dem Minibus zum Mauerstueck Huanghua. Das ist ein unerschlossener und wenig restaurierter Teil der Grossen Mauer. Wir konnten sie ueber eine Holzleiter betreten und entlang wandern: Weite gruene Taeler, maechtige Bergketten. Aufstieg zum "Kamelruecken", den Antje nicht mehr mitgemacht hat, weil die Mauer dort sehr steil ist und die Sonne zudem noch sehr stark war. Die Mauer schlaengelt sich als eine weisse Kette die Bergruecken und -kaemme entlang. Wir begingen die Mauer mit zwei Franzoesinnen, die auf ihr uebernachten wollten. Am Abend besorgten wir uns Karten fuer die Weiterfahrt. Im ganzen Bahnhof waren die PCs ausgefallen und alle hackten hinter ihrem Schalter auf der Leertaste herum. Dazu lief permanent ein und dieselbe schrille Durchsage und chinesische Schriftzeichen blinkten ueberall - psycho!!

23.8.: Frueh zum Bahnhof und mit dem Expresszug nach Beidaihe. Die Stadt liegt am Gelben Meer und ist das Mallorca der Russen. Wir badeten hauptsaechlich, assen eine Drachenfrucht und spaeter in einem der vielen Seafood-Lokale (What's this? Oh, it's like umbrellas - Quallen!). Am Abend begann unser "langer Marsch" durch den Bade- und Bonzenort. Auf der Suche nach einem abgelegenen und frei zugaenglichen Strand legten wir 7 Km entlang der Kueste zurueck, konnten Gottesanbeterinnen und viele andere Insekten, die uns in unseren Schlafsaecken besuchten, studieren.

Am Morgen des 24.8. erwachten wir am Meer, wurden langsam fit und fuhren mit dem Bus nach Shanhaiguan. Nun, alles, was im Reisefuehrer angegeben war, existiert offenbar nicht mehr... Dort wird einfach eine neue (massentouristenfreundliche) Stadt gebaut (wir vermuten wegen der Olympiade 2008 in Bejing). Unsere Tour zum Drachenkopf (Endabschnitt der Grossen Mauer, der ins Meer muendet) erwies sich als kleine Tortur, da uns unser Taxifahrer bei einem (ueberteuerten) Schnellboot absetzte und der Drachenkopf nur gegen einen hohen Eintritt zu haben war. Zurueck nach Peking ging es in einem hoffnungslos ueberfuellten Zug. Die Chinesen freuen sich ueber eine Gelegenheit ihre theoretischen Englischkenntnisse auszuprobieren. Wir fuehlen uns staendig beobachtet, was nicht zuletzt am Schoenheitsideal der Chinesen liegt: europaeisch auszusehen. Dafuer werden Haare gefaerbt und gelockt - im harmlosesten Fall. Am Bahnhof lief eine Werbung fuer Haut weissende Creme und die Augen werden operativ vergroessert. Selbstverstaendlich sprechen wir nur ueber die Frauen, die (wie immer - historisch gesehen -) ihren Koerper verleugnen, verkuensteln, verstuemmeln.

Heute Nacht fahren wir nach Datong zu den Haengenden Kloestern. Blog ist immer noch blockiert.

Montag, 20. August 2007

Probleme

Wir wissen im Moment nicht, woran es liegt, aber wir koennen unseren eigenen Blog nicht oeffnen (nur posten) und wir koennen uns bei unseren Email-Accounts nicht einloggen. Damit koennen wir im Moment von euch keine Nachrichten erhalten. Hoffentlich liegt es nur an diesem Rechner oder an Peking.

Atis: Kannst du mal den Pruefungstermin (Magister-NDL-Klausur im September) fuer Myron checken (unten Aushang im Pruefungsamt)? Vielen Dank!!

Transit-Transsib

Touristen sind Nostalgiker. Sie sind auf der Suche nach etwas, das sie und auch andere in ihrem Alltag nicht haben: Wanderer wollen unberuehrte Natur, der Mallorca-Urlauber unbeschwertes Inselleben - und wir? Zweifelsohne ist die Transsib zwischen Moskau und Irkutsk nicht mehr attraktiv fuer die Einheimischen, die heutzutage wahrscheinlich einfach in den Flieger steigen, weshalb diejenigen, die den historischen Fortschritt einer Ost-West-Verbindung nachempfinden wollen, wohl auf diesem Abschnitt anzutreffen sind: Touristen.

Heute sind wir nach einer sechstaegigen Fahrt mit dem Transsib Nr. 4 in Peking angekommen. Wir kamen in einem Vierbettabteil unter, das wir uns ab Ulan Ude mit zwei russischen (genauer: burjatischen) Fahrgaesten teilten. Der Transsib wird zwar von Touristen dominiert, ist aber im Grunde die normale Strecke der so genannten Transmongolischen Route. Eine Beschreibung des Zuges wuerde, glaube ich, letztlich nur auf das Fazit hinauflaufen, ob es ein komfortabler Zug ist oder nicht. Man wird einige Unbequemlichkeiten in Kauf nehmen, aber entschaedigt werden durch das, was den Transsib-Mythos in weiten Strecken (!) ausmacht...

Die Strecke: Moskau-Omsk-Novosibirsk-Krasnojarsk-Irkutsk-Baikalsee-Ulan Ude-Ulan Bator-Peking. Der russische Abschnitt bis Irkutsk laesst sich am besten mit dem Stichwort "Sibirien" umschreiben, es ist kuehler als alle anderen Transitgebiete und die Staedte sind durch industrielle Anlagen dominiert. Zunaechst fuehrt die Strecke geradlinig von Westen nach Osten; ab Taischet biegt der Zug nach Sueden ab. Den Baikalsee passierten wir am Morgen (18.8.) und so konnten wir die ersten Sonnenstrahlen auf der ruhigen Wasseroberflaeche tanzen sehen. Wir entdeckten in Transbaikalien die Republik Burjatien. Am selben Tag passierten wir die mongolische Grenze mit einer recht aufwaendigen Passprozedur. Man muss sich vorstellen, dass bei jedem Grenzuebergang die Toiletten fuer mehrere Stunden (in diesem Fall 7!) geschlossen werden... Ulan Bator erreichten wir frueh am Morgen und ab dann durchquerten wir die weitlaeufige Steppenlandschaft der "Wueste" Gobi. Jurtenzelte, selbstverstaendlich Kamele und manchmal am Horizont ein einsamer Bagger. Die Gobi ist wirklich sehr schoen, karg und von einer aesthaetischen Tristesse. Am Sonntag Abend gab es den Grenzuebergang nach China in Erlian, der einem Staatsempfang glich: Das Bahnhofspersonal im Spalier, dazu pathetische Orchestermusik aus dem Lautsprecher. Fuer den naechsten Tag bekam jeder Fahrgast als Begruessungsgeschenk einen Gutschein fuer Fruehstueck und Mittagessen (Assoziation: Sozialismus, Essensmarke...)

Peking unterscheidet sich von allem, was ich bisher an Grossstaedten kennengelernt habe (Santa: Es gibt hier einen DIA!). Die Innenstadt, soweit wir sie vom Weg vom Bahnhof zur Jugenherberge kennen lernen konnten, besteht aus praechtigen und monumentalen Hochhaeusern, die einen Spagat zwischen traditioneller und moderner Architektur unternehmen. Morgen werden wir versuchen, die Verbotene Stadt zu erkunden.

Dienstag, 14. August 2007

Lenin heute

Moskau in Zahlen: 8 spurige Strassen durch die Innenstadt, 30 stoeckige Wohngebaeude, "noch 10 Minuten, dann lassen sie niemanden mehr ins Mausoleum" - nur 100 Rubel fuer den VIP-Zutritt.

Lenin aufgebahrt: Das Mausoleum gleicht dem Ho Chi Mings in Hanoi. Wir werden wahrscheinlich Mao in Peking bewundern koennen. Ein globaler Totenkult...

Das Innere des Kremls wird dominiert von Kirchen und in der Ivan-Kathetrale geht Reichtum und Glaube wieder einmal nahtlos zusammen: unermessliche Reichtuemer, diamantene Broschen, Ketten, Schwerter und Ringe von Cartier aus den 20er Jahren fuehren ein in die Aesthetik der Hochgesellschaft. Wir stillen unseren Hunger und unseren flauen Magen im Muh-Muhs. Unsere Reise mit dem Transsib beginnt heute um 21:35 Uhr. Das naechste Mal melden wir uns vermutlich in einer Woche.

Montag, 13. August 2007

Lilja 4 ever

Wie wird Moskau gelebt? Zwischen Kommunismus-Gedenkkultur, orthodoxer Kirche, Militaers mit zivilem Habitus und ausladender Architektur sieht man die Menschen nicht etwa in Cafes oder Tanzbars, sondern auf den Parkbaenken und in den Unterfuehrungen, wo sie sich spontan um eine spielende Band sammeln und feiern.

Moskau bietet seine kommunistische Geschichte in prachtvollen (marmorierten und ornamentierten) Metro-Bahnhoefen jedem dar, der sich nicht vom Trubel in den U-Bahnschaechten aus der Ruhe bringen laesst. Diese Vergangenheit ist allgemein gegenwaertig in den Prunkbauten, dem Lenin-Mausoleum, den gelangweilten Soldaten an jeder Strassenecke - aber Moskau laesst sich nicht darauf reduzieren.

Am Anfang unserer "savage voyage" nehmen wir Moskau vor allem europaeisch wahr. Moskau scheint ein groesseres Prag, dieses ist bekanntlich nur ein kleineres Wien usw... Der Kreml ist nicht der Kreml - das, was wir vor allem von ihm kennen (bei Google oder in den Illustrierten sehen): die Basilis-Kirche mit den eisfoermigen Tuermen - sie steht eher abseits des Hauptgebaeudes und des sich davor befindenden Lenin-Mausoleums. In der Basilika werden wir von orthodoxen Besuchern beaeugt, aehnlich, wie wir ihre Kunstwerke, die vergoldeten Bibeln, Kreuze, Tryptichons etc. beaeugen.